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Lungs preparation
Michael Haggenmueller

Asthma: Risikofaktoren

Video: Welche Ursachen und Risikofaktoren von Asthma sind bekannt?

Interview mit Prof. Klaus Rabe

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Zusammenspiel von Genen und Umwelt

Es gibt kein einzelnes Gen, das allein darüber bestimmt, ob ein Mensch Asthma bekommt oder nicht. Die Anfälligkeit für Asthma bronchiale kann jedoch von den Eltern an ihre Kinder vererbt werden. Weitere Faktoren, die zur Entstehung der Krankheit beitragen können, sind zum Beispiel:

  • das Immunsystem,
  • der Einfluss von Infektionen,
  • das Rauchen sowie
  • die frühkindliche Prägung.

Welche Rolle spielen die Gene bei Asthma?

Insbesondere allergisches Asthma besitzt eine erbliche Komponente:

  • Das Asthma-Risiko eines Neugeborenen ist beispielsweise um das Dreifache erhöht, wenn ein Elternteil Asthma hat.
  • Mütterliches Asthma bronchiale stellt einen höheren Risikofaktor dar als väterliches.
  • Sind beide Eltern betroffen, erhöht sich das Erkrankungsrisiko des Kindes um 60 Prozent.

Zahlreiche Genveränderungen beeinflussen das Asthma-Risiko

Bis heute kennt man weit mehr als hundert verschiedene Genveränderungen, die mit der Asthma-Entstehung in Verbindung gebracht werden. Auch epigenetische Veränderungen – also etwa das „An- und Abschalten“ bestimmter Gene infolge bestimmter Umwelteinflüsse – scheinen eine wichtige Rolle zu spielen.

Ob die Asthma-Symptome letztendlich durch Allergene, Infekte oder körperliche Anstrengung ausgelöst werden, wird ebenfalls durch verschiedene Gene beeinflusst.

Damit die Krankheit ausbricht, müssen zusätzlich zur erblichen Veranlagung bestimmte Umweltfaktoren einwirken.

Welche Rolle spielt das Immunsystem bei Asthma?

In der Schleimhaut und den Blutgefäßen der Atemwege sitzen zahlreiche Immunzellen, darunter

  • Mastzellen,
  • verschiedene Granulozyten oder
  • T-Zellen.

Ihre Aufgabe ist es, in die Lunge eindringende Fremdstoffe und Krankheitserreger zu erkennen und sie unschädlich zu machen.

Bei Asthma tragen diese Immunzellen entscheidend zur Krankheitsentstehung bei: Sie vermitteln die chronische Entzündung und die Hyperreagibilität der Bronchien. Diese verursachen letztlich die Asthma-Symptome.

Video: Entzündungen bei Lungenerkrankungen: Das sollten Sie wissen

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Allergien bedeutender Asthma-Risikofaktor

Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem auf bestimmte Reize, zum Beispiel auf Pollen oder Tierhaare, mit einer überschießenden Reaktion des Immunsystems. Allergien sind daher der bedeutendste Risikofaktor für die Entstehung eines Asthmas.

Mehr zu Allergien erfahren Sie auch beim Allergieinformationsdienst.

Infektionen als Asthma-Ursache?

Nicht-allergisches (intrinsisches) Asthma wird mitunter auch „Infektasthma“ genannt, was verdeutlicht, dass ein Zusammenhang mit Infektionen besteht: Das klassische intrinsische Asthma tritt in der Regel erst ab der Pubertät auf und entwickelt sich häufig im Anschluss an einen Atemwegsinfekt, meist verursacht durch Viren.

Auch für kindliches Asthma gibt es Hinweise darauf, dass Infektionen bei der Entstehung von Bedeutung sein könnten. Studien zeigen, dass Kinder, die wegen einer Bronchiolitis im Krankenhaus lagen, mit erhöhter Wahrscheinlichkeit später an Asthma erkranken.

Eine Bronchiolitis, also eine Entzündung der kleinsten Äste des Bronchialbaums, wird beispielsweise durch RS-Viren (Respiratory Syncytial-Viren) oder Parainfluenza-Viren verursacht. Auch Atemwegsinfektionen mit Chlamydien und Rhinoviren gelten als Faktoren, die Asthma bei Kindern begünstigen können.

Infektionen – Asthma-Schutz und Risikofaktor zugleich?

Auf der anderen Seite gibt es Studien, die darauf hindeuten, dass bestimmte Atemwegsinfekte in der frühen Kindheit das Asthma-Risiko senken. Beobachtet wurde außerdem, dass Kinder, die ältere Geschwister haben oder selbst früh den Kindergarten besuchen, in gewisser Weise vor Asthma geschützt sind. Durch den Kontakt mit Infektionserregern entwickelt sich das Immunsystem der Kinder möglicherweise entlang eines „nicht-allergischen Pfads“. Das soll das Risiko für Asthma und andere allergische Erkrankungen senken.

Für diese sogenannte Hygiene-Hypothese spricht auch die Beobachtung, dass Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen, seltener an Asthma bronchiale erkranken als Stadtkinder. Welche Faktoren dafür genau verantwortlich sind, wird in verschiedenen Studien untersucht. 

Asthma und Rauchen?

Wer selbst raucht, erkrankt mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an Asthma bronchiale als Nichtraucher:innen. Je länger und je mehr jemand raucht, desto höher ist das Risiko an Asthma zu erkranken. Solche Dosis-Wirkungs-Beziehungen gelten in der medizinischen Forschung als verlässlicher Hinweis für einen ursächlichen Zusammenhang.

E-Zigaretten und Asthma

Studien zeigen, dass auch die E-Zigarette zu Verschlechterung von Lungenerkrankungen führt. Forschende berichteten, dass Kinder und Jugendliche mit Asthma bronchiale, die dem Passivrauch von E-Zigaretten und ähnlichen Geräten ausgesetzt waren, häufiger Asthmaanfälle erlitten.

Eine große kanadische Querschnittsstudie kam zu dem Ergebnis, dass der Gebrauch von E-Zigaretten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen eng mit einem erhöhten Asthma-Risiko zusammenhängt:

  • Wer E-Zigaretten rauchte, hatte ein um 19 Prozent erhöhtes Asthma-Risiko. Das entspricht ungefähr dem Risiko beim Rauchen von „herkömmlichen“ Tabak-Zigaretten.
  • Gleichzeitig stieg unter den Asthmatiker:innen, die E-Zigaretten rauchten, die Wahrscheinlichkeit für Asthmaanfälle um 29 % gegenüber Nichtraucher:innen.

Inhaltsstoffe von E-Zigaretten wirken schädlich

Labor-Studien deuten darauf hin, dass die Gemische (E-Liquids) für elektronische Zigaretten und der durch die Geräte erzeugte Dampf vielfache schädliche Auswirkungen auf den Körper haben können. Forschende wiesen unter anderem nach, dass die Inhaltsstoffe der E-Zigaretten

  • zellschädigende Wirkungen auf Atemwegs- und Stammzellen haben,
  • die Selbstreinigungsmechanismen der Lunge beeinträchtigen,
  • die Funktion des Immunsystems verschlechtern und
  • zum Absterben von Immunzellen führen können.

Einfluss von Passivrauch

Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass auch Passivrauchen ein Risikofaktor für Atemwegserkrankungen und speziell für Asthma ist. So ist das Asthma-Risiko bei Kindern, deren Eltern rauchen statistisch eindeutig (signifikant) erhöht.

Tabakrauch ist einer der Hauptauslöser für Asthmaanfälle bei erkrankten Kindern. Umso wichtiger ist es, den Nachwuchs vor Passivrauch zu schützen. Dies beginnt bereits in der Schwangerschaft: Schon hier gibt es klare Hinweise, dass Rauchen die Asthma-Entstehung begünstigt.

Frühe Prägung bei Asthma

In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Menschen mit Asthma stark gestiegen. Eine derart deutliche Zunahme in einem so kurzen Zeitraum lässt sich durch äußere Faktoren erklären, die

  • bereits in einem sehr frühen Stadium (auch vor der Geburt) auf die Entwicklung der Kinder einwirken und einen prägenden Einfluss zum Beispiel auf das Immunsystem haben,
  • aber erst in späteren Entwicklungsphasen zur Ausbildung der Erkrankung führen.
  • Zudem können sich deren Auswirkungen auch über mehrere Generationen hinweg fortsetzen.

Das Zusammentreffen dieser drei Faktoren wird als frühe Prägung oder frühe Programmierung bezeichnet. Für die frühe Programmierung spielt die Epigenetik eine entscheidende Rolle. Wie eine Art Markierung bestimmen Veränderungen auf dem Erbgut (DNA) die Stilllegung oder Aktivierung von Genen. Die Krankheitsentstehung wird also nicht nur durch spezielle Gene beeinflusst, sondern auch durch das Verhalten und die Umwelt.

Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass Asthma bronchiale in Folge einer frühen Fehlprogrammierung während der Entwicklung des Embryos und/oder in den ersten Lebensmonaten entstehen kann. Beispielsweise kann eine allergische Sensibilisierung bereits im Mutterleib erfolgen.

Mögliche Auslöser für einen Asthmaanfall

Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die ein Asthma bronchiale verschlechtern oder einen Asthmaanfall auslösen können. Sehr häufig sind Allergene die Auslöser einer Verschlechterung. Es kann sich dabei beispielsweise um Baum- und Gräserpollen, Hausstaubmilben, Tierproteine, Schimmelpilzsporen, Insektengifte, Nahrungsmittel oder beruflich auftretende Allergene handeln.

Mögliche nicht-allergische Auslöser sind Reizstoffe wie

  • Tabakrauch,
  • ätherische Öle,
  • Farben und Lacke,
  • Autoabgase,
  • kalte Luft,
  • körperliche Anstrengung sowie
  • psychische Faktoren wie Stress, Aufregung und starke Emotionen.

Auch manche Wirkstoffe in Medikamenten können durch eine pseudoallergische Reaktion einen Asthmaanfall provozieren. Ebenso zählen Infekte wie Virusinfektionen der Atemwege (zum Beispiel durch Rhinoviren, RS-Viren, Influenza-Viren) zu den möglichen Ursachen eines Asthmaanfalls.

Quellen

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  • Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): Patientenleitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie; 3. Auflage, 2020, Version 1 
  • Lommatzsch, M. et al.: S2k-Leitlinie zur fachärztlichen Diagnostik und Therapie von Asthma 2023. AWMF Registernummer 020-009, Stand: 03/2023
  • Global Strategy for Asthma Management and Prevention, Updated 2023. Global Initiative for Asthma (GINA), Stand: 07/2023
  • Global Asthma Network: The Global Asthma Report 2022
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Letzte Aktualisierung: 07.05.2024